Naturschutzhaus e.V.

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Naturschutzhaus e.V.
Wiesbaden, Rheingau-Taunus

Projekt Sommerberg bei Frauenstein

Panorama vom Sommerberg Dieses Projekt ist folgend relativ ausführlich dargestellt. Die jährliche Pflege eines Teilbereiches wird von der Naturschutz-Arbeitsgruppe bzw. vom Naturschutzhaus e.V. gewährleistet. An dieser Stelle sollte auch die damals sehr schnelle Ausweisung als NSG durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt nicht unerwähnt bleiben. Seitens der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Wiesbaden wurden rund um den wanderbaren Sommerberg an exponierten Punkten (z. B. Wegekreuzungen) Texthinweise zur Äskulapnatter angebracht, was sicherlich zur Aufklärung und Sympathiewerbung beitrug.

Erfassung von schutzwürdigen Lebensräumen

Seit 1976 widmen sich Naturschützer in Wiesbaden verstärkt der Erfassung von schutzwürdigen Biotopen und Biotopstrukturen. So wurden vorerst sehr viele Flächen auf naturschutzrelevante Aspekte in Augenschein genommen. Sehr häufig konnte eine erste Bewertung aufgrund einiger Indikatoren vorgenommen werden. In den Waldwiesenbereichen waren dies häufig seltene Pflanzenarten, wie z. B. Orchideen-Vorkommen, die über die Qualität der vorhandenen Wiesentypen Aufschluß gaben. In anderen Bereichen waren es die dort vorkommenden Vogel-, Amphibien- und Reptilien-Arten, die eine große Abgrenzung schutzwürdiger Gebiet zuließen.

Äskulapnatter
Eine große Äskulapnatter

Im Jahre 1982 fiel auch der Sommerberg bei Frauenstein ins Auge, allerdings wurde eine Bestandserfassung der vorkommenden Arten in den Jahren 1983 und 1984 unter floristischen Aspekten durchgeführt, da hier das Hauptgewicht vermutet wurde. Man staunte nicht schlecht, als man bei der Bestandserfassung über eine ca. 1,80 m lange Schlange stolperte, die sich recht träge und ohne "Feindbild" - Ängste oder "Gezische" in einer Mauer verkroch. Eine Bestimmung des Tieres ergab, daß es sich um die hochgradig gefährdete Äskulapnatter handelte.

Ursachen der Gefährdung

Wesentlich vorsichtiger war man bei weiteren Begehungen des Geländes. Hierbei konnten bei Überprüfungen bis zu sieben Äskulapnattern beobachtet werden, die im Bereich der Mauer ihr Sonnenbad nahmen. In den folgenden Jahren ging aber leider die Zahl der beobachteten Tiere auf zwei bis drei Exemplare zurück. Die Ursachen sind sehr vielschichtig:

Es wurden mehrmals Personen gesichtet, die sich angeblich Schlangen für ihre Terrarien fangen.

Es bestand bzw. besteht die Möglichkeit, daß Kompost- oder Misthaufen in nächster Nähe entweder komplett entfernt oder während der Eireife abgetragen oder umgeschichtet wurden. Um der Möglichkeit fehlender Ei-Ablageplätze zu begegnen, wurde mit dem Forstamt Chausseehaus per Ortstermin die Anlage eines Misthaufens in Erwägung gezogen und letztendlich vom Forstamt veranlaßt und durchgeführt.

Der gesamte südwest-exponierte Hang des Sommerbergs unterhalb des Schlosses unterliegt der natürlichen Sukzession in Form des Gehölzaufwuchses. Dominant waren hier die Heckenrosen, der Schwarzdorn, der Besenginster und die Brombeere, auch war der Mauerbereich stark bewachsen. Um hier eine beeinflußbare Verschlechterung der Biotopstruktur zu verhindern, entschloß man sich zu Pflegemaßnahmen, die noch im folgenden eingehender beschrieben werden.

Dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit dem Forstamt Chausseehaus und der Unteren Naturschutzbehörde konnten hier sehr schnell und zügig Maßnahmen - vorerst durch ehrenamtliche Naturschützer - durchgeführt werden. Auch das Gutachten von Dr. Michael Geisthardt läßt keinen Zweifel an der Schutzwürdigkeit des Gebiets offen, und so konnte eine Sicherung als Naturschutzgebiet (NSG) innerhalb kürzester Zeit bewirkt werden.

Pflegemaßnahmen

Durch die Begehung des Sommerbergs über mehrere Jahre hinweg konnte eine immer stärkere Verbuschung des Geländes festgestellt werden. Im Jahr 1988 entschloß man sich zu Naturschutz-Pflegemaßnahmen. Ein Besuch beim Grafen zu Meran und Hatzfeld hatte zur Folge, daß neben der damals notwendigen Offenhaltung von Teilen des oberen Rechtebachtales auch einer Pflege des Hangbereichs durch den oben genannten Eigentümer zugestimmt wurde.

Die Situation stellt sich während unserer Bearbeitung folgendermaßen dar: Der Hang wurde mit Kühen und Pferden zumindestens in den Jahren 1982 - 1986 extensiv beweidet. Aufgrund der allgemeinen Gewohnheiten der Tiere wurden verschiedene Bereiche gut abgegrast, während in Randzonen allmählich die Sukzession in Form der Heckenrose, der Brombeere, des Ginsters und des Schwarzdorns aufkam. Die in Gebüschstrukturen eingebetteten Wiesenbereiche waren mit mehr oder weniger breiten Trampelpfaden verbunden. An dem Weg neben der Mauer in halber Hanghöhe wurden regelmäßige Entbuschungen vorgenommen. Die Beweidung wurde ca. 1988 - in dem ab der Mauer hangabwärts liegenden Bereich - eingestellt.

der SommerbergInnerhalb von zwei Jahren stellte sich eine starke Sukzession unter anderem auch an der Mauer ein. Diese wurde von der Mauerkrone her meist mit Brombeere überwachsen. Der Mauerfuß wurde zu diesem Zeitpunkt bis zu einer Höhe von ca. 50 - 60 cm durch herabgerutschtes Substrat bedeckt. Dies begünstigt sehr stark die Sukzession auch vom Mauerfuß her. Die Naturschutz-Arbeitsgruppe entschloß sich - soweit personell möglich - einmal jährlich eine Pflegemaßnahme durchzuführen. So wurden die noch sichtbaren Trampelpfade entbuscht und erweitert, um die Verbindung der Wiesenflächen zu gewährleisten. Unterstützt wurden diese Bemühungen auch durch die Carl-von-Ossietzky-Schule. Die Projektwoche, die der Klassenlehrer Herr Tschuk auf Anregung seines damaligen Schülers Johannes Geisthardt initiierte und durchführte, befaßte sich mit diesem Gebiet. Ein großer Teilbereich konnte durch die Mitarbeit der Schüler entbuscht und erhaltenswerte Einzelbäume wieder freigestellt werden. Im Bereich der Mauer wurde in kleinen Teilbereichen das, von oben abgerutschte Substrat am Mauerfuß vorerst mit Hacken in 2 - 3 m langen Abschnitten entfernt.

Diese Maßnahmen wurde durch das Forstamt Chausseehaus zu einem späteren Zeitpunkt und sicherlich effektiver mit einem Kleinbagger durchgeführt. Hierbei wurde darauf geachtet, daß nur in Teilbereichen und nicht in einer einzigen Aktion der Mauerfuß freigelegt wurde. Denn mangels Bewuchs wäre für die Äskulapnatter 1 - 2 Jahre lang kaum noch Deckung vorhanden gewesen. Die Mauerkronen wurden und werden jetzt regelmäßig frei geschnitten. Um ein starke Beschattung und Beschädigung der Mauer zu verhindern, wurden auch diverse Bäume entfernt. Auch hier unterstützte das zuständige Forstamt, indem der damalige stellvertretende Leiter Herr Müller während der Pflegemaßnahme das Fällen und Zerkleinern der Bäume vornahm. Die Pflege der Mauer und kleinerer Teilbereiche soll auch in Zukunft jährlich durchgeführt werden, um die Population der Äskulapnatter zu erhalten.

Ein beruhigendes Gefühl liegt allerdings auch im Wissen, daß bei der Umsetzung von Erkenntnissen oder Notwendigkeiten zugunsten des Naturschutzes das zuständige Forstamt schnell und unbürokratisch reagiert und agiert. Wenn die derzeit praktizierte Symbiose zwischen dem ehrenamtlichen und behördlichen Naturschutz im Bereich des Staatlichen Forstamtes Chausseehaus generell "standardmäßig" üblich wäre, könnten im Arten- und Biotopschutz wesentlich bessere Erfolge erzielt werden, als dies häufig der Fall ist.