Natur erleben im Radio

(10.05.2003) Der Verein Naturschutzhaus führte im Jahr 1998 federführend mit ansässigen Naturschutzverbänden in Wiesbaden und im Rheingau-Taunus-Kreis unter dem Motto „Jugend und Natur“ rund 150 Veranstaltungen durch.
Ziel war es, Kindern und Jugendlichen die Schönheiten und Belange der Natur durch „Naturerleben“ näher zu bringen. Es entstanden in diesem Zusammenhang u.a. verschiedene kindgerecht aufgearbeitete Broschüren zu den unterschiedlichsten Themenbereichen (Kinderkräuterküche, Schlangen, Fledermäuse u.v.m.).

In den folgenden Jahren wurden im laufenden Programmangebot verstärkt Kinderveranstaltungen durchgeführt.
Im Jahr 2002 wurden wir zum „Geo-Tag der Artenvielfalt“, veranstaltet von der Zeitschrift GEO und von der Kindertagesstätte Hickelhäusje in Kiedrich, als fachkundige Referenten eingeladen.

Wir berichteten im Rahmen des Offenen Gruppenradios über den Geo-Tag und es wurde letztendlich nach diesen Kontakten die Idee geboren, mit dem Waldkindergarten gemeinsam ein Projekt unter dem Titel „Natur erleben im Radio“ durchzuführen.

Dankenswerterweise hat sich Radio Rheinwelle 92,5  und die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen ) zu einer Unterstützung in Form der Projektförderung bereiterklärt, da eine solche Maßnahme weit über die ehrenamtlichen Möglichkeiten hinausgeht.
Es wurde ein Ablaufplan erstellt und in verschiedene Phasen eingeteilt.

Richard erklärt die Technik

Phasen:

  1. einfach nur Dabeisein; für die Kinder gehört man irgendwann dann ganz selbstverständlich dazu.
  2. über Zusammenhänge in der Natur plaudern, Zusammenhänge und Fakten erklären, Dr. Brenners Experimente, Objekte zeigen, zum Beispiel Frösche, Schlangen usw.
  3. Eindrücke, die die Kinder machen vorerst nur einfangen
  4. Eindrücke von den Kindern selbst wiedergeben lassen, z.B. Erklärungen… was ist ein Mikrofon oder Mini-CD-Spieler
  5. einzelnen Kindern Mikrofon und Technik überlassen, selbst aufzeichnen lassen – allerdings ist der Effekt in die letzte Konsequenz oft noch nicht für die Kinder erfassbar.
  6. erklären der Gerätschaften im Studio und unter Anleitung das Schneiden einzelner Gesprächsinhalte – dies lief allerdings altersbedingt meistens nicht so glatt.
  7. integrieren einer Auswahl von Kindern in eine LIVE-Sendung des Naturschutzhaus e.V.
  8. mit den Kindern Teile der Gesamtsendung anhören… nur Teile deshalb, weil die Konzentration recht schnell absinkt; plaudern und besprechen von einzelnen Sequenzen, einfangen von Reaktionen.
  9. gemeinsamer Treff mit allen Beteiligten, sowie Eltern und Erziehern. Vorstellung des kompletten Projekts mit Präsentation der Sendungen, Pressemitteilungen und Dokumentation in Wort und Bild. Jedem Kind, den Erziehern und sonstigen Beteiligten wurde das Projekt in Form einer Doppel-CD überreicht.

Im Rahmen des Gesamtprojekts sollte den Kindern auch Medienkompetenz nähergebracht werden, was bei 3 – 6 jährigen Kindern nur mit enormer Hilfestellung möglich ist.
Die Kinder sind anfangs zwar nicht ablehnend, es dauert dennoch sehr lange bis sie auftauen, d.h. bis sie uns als „Inventar“ integriert haben.
Anfangs war beispielsweise das „sichtbare“ Mikrofon ein Hemmnis, später schlug dies gerade ins Gegenteil um, was sich in einem für unsere Augen eher ruppigen Umgang mit der Technik vollzog.
Günstig war es, das Mikrofon unauffällig zu postieren und gleichzeitig mit Witz oder Absurdem aus der Reserve zu locken („…kommt, wir essen einen Frosch – oder wir lutschen einen Regenwurm…“).

Während man Erwachsene fragt und eine mehr oder weniger präzise Antwort bekommt, erschöpfen sich Antworten bei Kindern dieser Altersgruppe oftmals auf nur beiläufige Äußerungen – und das nur wenn sie gut drauf sind.
Auch treten viele Ereignisse innerhalb kürzester Zeit ein (Frühstück – ein Vogel fliegt vorbei, ein Kind kommt mit einer Schnecke usw.) und so sind die Sprünge von einem zum andern Thema sehr häufig und abrupt.

Dennoch kommen die Kinder sehr schnell zum Thema zurück, sind Meister im schnellen Erfassen, lassen sich zwar auch fix ablenken, haben aber alles Wesentliche gespeichert.

Auch wir können aus Erfahrung die Aussagen von Pädagogen nur bestätigen, dass schon bei Kindern durch ein „zu viel“ an Computerspielen, Werbung und Fernsehen (meist in Kombination) ein nicht unbedingt realitätsbezogenes Weltbild entstehen kann.
Die allgegenwärtige, z.T. eindringlich-aggressive Werbung und der Fernseher – der zwar zu dem Kind redet, wobei aber das Kind nicht mit ihm kommunizieren kann – sorgen für extreme Überfrachtungen.

Die Waldkinder stehen wesentlich stärker auf dem Boden der Normalität. Zu ihrem Umfeld zählen auch Computer, Fernsehen usw., aber ebenso (im Ausgleich) die Natur, die ständig für Überraschungen sorgt und auf ihre Art auch spektakulär ist, wenn man genauer hinschaut.

Die Waldkinder entscheiden beispielsweise „richtig“ oder „falsch“ gefühlsmäßig aus dem Bauch heraus, nicht unbedingt aus der Folge von klaren Verboten, die in vielen Gesellschaftsstrukturen üblich oder stark vertreten, zumindest anerzogen sind. Die Kinder sind an Grundregeln orientiert und bekommen klare Grenzen aufgezeigt, dennoch wird die Kritikfähigkeit sehr deutlich gefördert. Stark ausgeprägt sind auch Toleranz, Fairness und Akzeptanz. Das erklärt allerdings auch, warum die Kinder Fragen oder Kritik nicht aus reinem Opportunismus äußern, sondern eher „instinktiv“, nämlich um zu verstehen oder um zu lernen.

die kleinen Strolche

Vielleicht haben wir alle dazu beigetragen, dass diese Kinder später im Umgang mit ihren Mitmenschen weniger egoistisch oder in anderer Form negativ geprägt sind. Insgesamt hat das Team vom Naturschutzhaus durch dieses Projekt auch sehr viel lernen können… und Spaß hat es den Beteiligten auch noch gemacht.

glitschig gilt nicht…
die Äskulap im… äh, am Radio.