Das Kapitel über den Frauenschuh ist ein trauriges Kapitel. In alten Aufzeichnungen und Herbarien war der Frauenschuh in Mittel- und Süddeutschland weit verbreitet. Nach ihm wurde aber immer wieder geforscht und viele Pflanzen, die nicht den forstwirtschaftlichen Maßnahmen zum Opfer fielen, wurden einfach abgepflückt oder ausgegraben. Heutzutage ist der Frauenschuh sehr selten geworden. Es gibt ihn in größeren Beständen nur noch in Thüringen und in der Gegend um Donaueschingen. Im Rheingau war der Frauenschuh im Wispertal in den 70er Jahren noch anzutreffen. Nach 1985 wurden aber keine Fundorte mehr gemeldet. Es mag vielleicht sein, dass an ganz unzugänglichen Stellen noch wenige Exemplare stehen, aber die erreichbaren Gebiete des Wispertales und der Seitentäler sind frei von Frauenschuh. So hat der Mensch eine sehr schöne Pflanze systematisch ausgerottet.
Die Blüte ähnelt einem Pantoffel mit drei braunen Sepalen und der gelben zu einem Schuh verwachsenen Lippe. Diese bildet für neugierige Insekten, die von dem leuchtenden Gelb angelockt wurden, eine Kesselfalle, in die die Insekten hineinrutschen und gefangen werden. Durchscheinende Stellen am hinteren Ende der Blüte zeigen dem gefangenen Tier den Ausgang, wo es (natürlich) beim Herauskriechen die Bestäubung der Pflanze sichert. Nektar gibt es natürlich keinen! Wo trotz aller Tricks kein Insekt in die Falle geht, ist der Frauenschuh auch in der Lage, sich über Wurzelausläufer, sogenannte Rhizome, weiterzuverbreiten. Das erkennt man an seiner Tendenz zur Horstbildung: Frauenschuhe stehen immer zu mehreren zusammen, soweit es sich um ältere Exemplare handelt.
Die Blätter ähneln denen des bleichen Waldvögeleins und der breitblättrigen Stendelwurz, allerdings sind sie deutlich geädert und unterseits weich behaart.
Cypripedium calceolus ist an Kalk gebunden, hat aber sonst eine große Biotop-Spanne: er wächst halbschattig in wechselfeuchten, lichten Wäldern, aber auch im Auwald oder auf trockenen Kiefernhängen. Die Sonneneinstrahlung des Tages darf aber nicht zu hoch werden. Eigentlich wären genug Standorte im Rheingau vorhanden. Wie schon gesagt: diese Orchidee war früher sehr häufig.
Der Frauenschuh ist für Nicht-Orchideenkenner eigentlich nur als blühende Pflanze zu erkennen. Vegetative Triebe oder Jungpflanzen gehen in reich bewachsener, grüner Umgebung eigentlich optisch total unter. So besteht die Hoffnung, dass sich irgendwo noch ein paar versteckte Exemplare über die schweren Zeiten gerettet haben und bisher nicht erkannt wurden. Denn der Frauenschuh hat noch eine Besonderheit, die in dem Maße bei anderen Orchideenarten noch nicht erkannt wurde. Pflanzen, die unter kontrollierten, natürlichen und optimalen Bedingungen ausgesät wurden, bildeten erst nach 5 – 7 Jahren Triebe und blühten erst nach 12 Jahren. So können durchaus Samen von den letzten vorgekommenen Pflanzen in der Erde schlummern und eines Tages wieder blühen. Hoffen wir es!
Blüte: Mai/Juni, gelbe Lippe, braune Sepalen, groß und auffällig;
Blatt: breitoval, hell, weich, unterhalb behaart, meist nur im unteren Bereich der Pflanze, erscheinen im April;
Vorkommen im Rheingau: seit 12 Jahren nicht mehr nachgewiesen.