Epipactis atrorubens (braunrote Stendelwurz)

braunrote Stendelwurz
Epipactis atrorubens braunrote Stendelwurz

Hier haben wir es mit einer seltsamen Pflanze zu tun. Auf der einen Seite wird ihr Standort in der Literatur als sonnig, trocken und warm angegeben. Sie soll an steinigen Steppenhängen genauso vorkommen, wie auf sandigen Dünen. Und jedes Mal in voller Sonne. Meine Erfahrungen decken sich in dieser Hinsicht vollkommen mit der Literatur. Im Rheingau dagegen, wo sie um 1900 das letzte Mal urkundlich erwähnt worden ist, ist sie nicht mehr gesehen worden. Der letzte Standort wird mit Mainz – wahrscheinlich Mainzer Sand – angegeben. Trotz alledem ist sie wieder aufgetaucht. Und zwar auf einem sogenannten Sekundärstandort, das heißt: hier war der Mensch tätig und danach hat sich eine Pflanze aus irgendeinem Grund wieder angesiedelt. Ein typischer Sekundärstandort wäre zum Beispiel eine Straßenböschung, die vollkommen neu gestaltet wurde. Und um einen solchen Standort handelt es sich bei der braunroten Stendelwurz, die im Rheingau wieder aufgetaucht ist. Es kann natürlich auch noch irgendwo versteckte Exemplare geben, die noch keiner kennt. Aber die kennt halt keiner. Die Epipactis atrorubens bei uns steht ziemlich untypisch im Schatten auf kalkhaltigem Lehmboden in einer vom Menschen geschaffenen Abflussrinne. Wie lange noch ? Das wird ein sehr interessantes Unternehmen, das Verhalten einer solchen Pflanze über eine lange Zeit zu beobachten. Aber irgendwie fallen alle Epipactis-Arten ein wenig aus der Rolle. Sie verhalten sich manchmal sehr untypisch. Manche Botaniker behaupten, die Stendelwurzarten befänden sich im Moment im Stadium der genetischen Aufspaltung. Es werden immer neue Variationen gefunden und es stellt sich oft die Frage, ob es eine neue Art ist, die man dort gefunden hat, oder ob es nur ein standortgegebener Unterschied ist.

Die braunrote Stendelwurz duftet – wenn sie sonnig steht – nach Vanille. Sie ist ca. 40 bis 50 cm hoch und hat einen einseitig ausgerichteten, langen Blütenstand, an dem eine Blüte über der anderen sitzt. Die Blütenfarbe ist dunkelviolett oder braunrot, mit den gelben Pollinien im Blütenzentrum. Die Blüten blühen von unten nach oben auf und sind ungefähr so groß wie eine kleine Fliege. Der Stängel ist im unteren Bereich rötlich überlaufen und die Blätter stehen unterhalb des Blütenstandes streng zweizeilig schräg nach oben vom Stängel ab.

Der Juli als Blütezeit ist ihr mit allen anderen Stendelwurzarten gemeinsam.

Blüte: Juli, braunrot mit deutlichen, gelben Pollinien; einseitiger, lang auseinandergezogener Blütenstand,

Pflanze 40 bis 50 cm hoch;

Blatt: rinnig, stängelbegleitend, zweizeilig, grün;

Vorkommen im Rheingau: an einer Stelle, sonst verschollen, normaler Standort: trocken, sonnig bis halbschattig, kalkhaltig.

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