Die violette Stendelwurz hat ihren Namen eigentlich erst auf den zweiten Blick verdient: eigentlich hat sie gar keine violetten Blüten. Die Epipactis purpurata unterscheidet sich von den anderen Stendelwurz-Arten dadurch, dass sie vor allem an den Blattunterseiten und am Stängel violett überlaufen ist. Ein weiteres Merkmal ist die ausgeprägte Eigenschaft, zu mehreren zusammenzustehen. Sie bildet Horste. Die Blüten sind blassgrün, weißlich oder hellrosa (fast wie bei der Sumpfwurz), auffallend groß und weit geöffnet. Im Gegensatz zur breitblättrigen Stendelwurz und zu ihrem Namen hat die violette Stendelwurz keine violetten Töne im Schüsselchen. Es ist aber genauso klebrig glänzend. Das scheint für Wespen sehr interessant zu sein, denn diese werden häufig an den Stendelwurz-Arten gesehen. Die Blütezeit fällt auch genau in die Hauptaktivitäts-Zeit der Wespen, die im Spätsommer Vorräte für den Winter sammeln. Bleiben die Wespen aus, kann sich die Pflanze auch vegetativ oder durch Selbstbestäubung vermehren. Der hohe Blütenstand ist dichtblütig und länger als die Hälfte der Pflanze. Die Blätter dagegen sind schmal, klein und stehen fast waagerecht ab.
Das Verhältnis von Blütenstand zu vegetativen Pflanzenteilen weist deutlich darauf hin, dass die Pflanze ihr ganzes Leben lang von einem bestimmten Pilzmycel abhängig ist. Anders könnte sie ihren Energiebedarf nicht decken. Ein weiterer Hinweis darauf ist der dunkle Standort. Die violette Stendelwurz steht meistens an Stellen, die schwach oder gar nicht von anderen Pflanzen bewachsen sind. Das Licht reicht also für die „gewöhnlichen“ Pflanzen nicht aus. Nur Spezialisten, die sich auf die Unterstützung von Mykorrhiza-Pilzen verlassen können, harren zum Beispiel in dunklen Fichtenschonungen aus. An etwas helleren und bewachseneren Standorten steht die violette Stendelwurz gerne mit der breitblättrigen Stendelwurz oder mit dem weißen Waldvögelein zusammen. Sie ist aber oft noch die einzige Orchideenart, die auf einem Standort übrig geblieben ist, weil es für die anderen Arten zu dunkel geworden ist.
Blüte: Ende Juli/August, weißlich bis blassgrün, dichtblütiger Blütenstand, mehr Blüten als Blattmasse. Stängel violett überlaufen,
Pflanze 20 bis 50 cm hoch;
Blatt: schmal, fast waagerecht abstehend, unterseits violett überlaufen;
Vorkommen im Rheingau: selten an dunklen Waldstellen. Lehmiger, basenreicher Boden.