Reptilienkartierung 1997

Eine Bewertung der Reptilienkartierung wurde 1997 von Richard Abt und Johannes Geisthardt zusammengestellt.

Während die Kartierung der potentiellen Laichgewässer und der Amphibien lediglich ein verhältnismäßig großes Laufpensum erforderte, gestaltet sich die Erfassung von Reptilien-Vorkommen als wesentlich schwieriger. Eine ganze Portion Glück ist zusätzlich erforderlich; denn sehr häufig sind Beobachtungen von Reptilien reine Zufallstreffer, zumal deren Gewohnheiten sehr unterschiedlich zu sein scheinen.

Es wurden beispielsweise Fundorte registriert, mit denen man absolut nicht gerechnet hatte; anderseits wurden in optimal erscheinenden Biotop-Strukturen teilweise sehr wenig Beobachtungen gemacht (wobei dies wahrscheinlich an den günstigeren Unterschlupf- bzw. Versteckmöglichkeiten und teilweise an der „Weitläufigkeit“ bzw. verhältnismäßig großen Ausdehnung der in Frage kommenden Flächen liegt).

Auch sind die Möglichkeiten der Beobachtungen der heimischen Reptilien in Bezug auf Tageszeit und Witterung je nach Art sehr unterschiedlich. So konnte beobachtet werden, dass bei der Mauereidechse schon der geringste Wärmeeinfluss (Lorchhausen Anfang März 1997) dazu führt, dass sichtbare Aktivitäten auftreten. Bei Sonneneinstrahlung, aber kühlem Wind bzw. Außentemperaturen werden windgeschützte Mauerritzen über den ganzen Tag hin sichtbar belegt, während bei extremer Wärme im Juli bis August ab Mittag eher die etwas beschatteten Bereiche aufgesucht werden.

eine Mauereidechse klettert einen Sandsteinfelsen hoch
Mauereidechse

Die Mauereidechse ist unseres Erachtens in ihrem Verbreitungsgebiet fast immer und leicht zu beobachten.

Die Waldeidechse dagegen wurde fast immer nur am späteren Vormittag und späten Nachmittag an sonnenexponierten Stellen im Wald-Randbereich, in Sumpf- und Waldwiesen und dann nur rein zufällig beobachtet.

Das Aufspüren der Zauneidechse stellte sich als echte Zufallstreffer ein.

Das Spektrum der bevorzugten Lebensstätten erschien uns bei der Zauneidechse am breitesten. Unsere Beobachtungen wurden unter anderem durchgeführt in:

Lorch (Nollig)
verbrachte Weinberglagen an der Mauer
sehr warm

Wiesbaden (Rabengrund)
Waldwiesen durch Waldumrandung
kühl bis warm

Strinz-Margarethä
Durchschnittstemperatur kühl
besonnter Südhang mit stark verbuschten Bereichen

Wiesbaden-Delkenheim
Ruderalflächen im Kiesgrubenbereich
schnelle Aufheizung
sehr warm

Taunusstein-Wingsbach
Durchschnittstemperatur relativ niedrig
Telefonische Meldung: „Gartengelände“

Die Blindschleiche wird sehr häufig auf Waldwegen und in Böschungsbereichen meist um die Mittagsstunden und Nachmittag beobachtet (eher im Halbschatten). Bei Pflegemaßnahmen wurde registriert, dass sich die Tiere auch mitten in (Wald-) Wiesenflächen aufhalten (Goldsteintal, Trockenborn, Grolochtal, Kellerskopftal).

Die Äskulapnatter wurde im Bereich des Naturschutzgebietes Sommerberg fast nur vormittags registriert. Scheinbar ist die Schlange – solange die Voraussetzungen konstant sind – sehr ortstreu. An der Mauer in halber Höhe (Länge ca. 200 m) konnten vormittags von ca. 10:30 Uhr bis 12:00 Uhr Sommerzeit bis zu sechs Tiere beim Sonnenbaden gezählt werden. Die Liegeplätze variieren meist um max. 1 bis 2 m, was sicher mit den guten und vertrauten Versteckmöglichkeiten in der Trockenmauer zusammenhängt. Bei Überprüfungen mittags oder nachmittags konnten hier fast nie Nattern geortet werden. Ähnlich verhält es sich mit dem bestehenden „Refugium“ im Pferde-/Viehunterstand im Talbereich mit direktem Sichtkontakt zum Sommerberg. Das Dach besteht aus Well-Eternit, das auf den Balken aufliegt. Die Tatsache, dass eine gewisse Erwärmung des Eternits auch ohne direkte Sonneneinstrahlung stattfindet, veranlasst mittlerweile bis zu fünf der Kletternattern, meist aufgerollt auf dem Balken, mit Körperkontakt zum Dach, Wärme aufzutanken. Bei Störungen verschwinden die Schlangen in der doppelwandigen Verschalung des Schuppens.

Die Beobachtungen der Ringelnatter beschränken sich bei ausgewachsenen Tieren in der Regel auf stehende Gewässer (naturnahe Fischteiche) oder Totfunde. Junge Ringelnattern wurden oft in Kompost- und Heuhaufen (z. B. in unseren Pflegeflächen) vorgefunden. Im Verbreitungsgebiet der Äskulapnatter konnten hier Jungtiere der Äskulapnatter und der Ringelnatter gleichzeitig aufgefunden werden. Die Ei-Ablageplätze werden scheinbar von beiden Schlangenarten genutzt. Ob Konkurrenzverhalten zwischen der Äskulapnatter und der Ringelnatter vorliegt, entzieht sich unserer Kenntnis.

Sehr selten ist die Schlingnatter zu beobachten. Diese Schlange ist bei Störungen sehr schnell außer Sicht- und Reichweite. Fotonachweise waren nur schwer zu bewerkstelligen. Auch kamen kleine Zufälle zur Hilfe, so zum Beispiel…

… sonnte sich eine Glattnatter direkt am Sausuhlweg/Kellerskopf (Wiesbaden) für ca. 20 Minuten (sehr gut sichtbar) in den tief hängenden Ästen einer Fichte. Bei weiteren Begehungen konnte festgestellt werden, dass dies dann regelmäßig jeweils von ca. 11:00 – 12:00 Uhr Sommerzeit stattfindet, und sporadisch nur 10 m weiter eine Ringelnatter diese Art des Auftankens gleichfalls nutzte.

… auf der Mauerkrone Lorch (Burg Nollig) sonnten sich zwei Schlingnattern ungeniert fast 20 Minuten, ohne dass es als Störung empfunden wurde, dass Teilnehmer einer Exkursion die Schlangen in allen Perspektiven fotografierten. Trotz häufiger Begehungen konnte die Schlingnatter in beiden Gebieten zu keinen anderen Tageszeiten beobachtet werden.

Insgesamt ist unseres Erachtens die Schlingnatter außerhalb ihrer Auftank-Phase die wohl störungsempfindlichste und am schnellsten flüchtende Schlange.

An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass die hier beschriebenen Beobachtungen nur in einem kleinen Teil des gesamt zu untersuchenden Gebietes gemacht wurden, und dies zudem von eher praxisorientierten Fachkundigen, so dass diese Aussagen unseres Erachtens zwar repräsentativen Charakter besitzen, jedoch keinen Anspruch auf wissenschaftliche Richtigkeit erheben.


Verfahrensweise Reptilienkartierung

Auf Grund der genaueren Ortskenntnis wurden alle Mitarbeiter der Amphibienkartierung des Jahres 1996 gebeten, die jeweiligen Gebiete bezüglich der Amphibien zu vervollständigen und in diesem Zuge die vorkommenden Reptilienarten mit Hilfe von Karten zu erfassen. Hierzu wurde ein gesonderter Erhebungsbogen „Reptilien“ erstellt, der klar auf die Möglichkeiten der Reptilien-Beobachtung hinweist (z. B. Mauern, sonnenbeschienene Böschungen, Komposthaufen usw.).

Da, wie schon beschrieben, oft Zufallsfunde an der Tagesordnung sind, entwickelten wir ein Faltblatt mit Meldeabschnitt, der in den Verteiler der UNB Wiesbaden und Rheingau-Taunus-Kreis und des Naturschutzhaus e. V. gegeben wurde. Weiterhin gaben Mitglieder des Naturschutzhaus e. V. diese Faltblätter in verschiedene ausgewählte Ortschaften des Kreises direkt als Wurfsendungen in die Briefkästen der Haushalte (Aulhausen, Heidenrod-Geroldstein/-Nauroth, Geisenheim-Mariental). Am effektivsten erwiesen sich die Presseveröffentlichungen mit der Bitte um Meldungen an zwei Telefonanschlüsse des Naturschutzhauses. Hier gingen selbst nach acht Wochen noch Meldungen ein. Insgesamt wurden 70 – 80 Angaben zum Reptilien-Vorkommen in Gärten und näheren Umgebung von den Bürgern gemeldet.

Mauereidechse

Alle Meldungen wurden genau hinterfragt und ließen aufgrund der genauen Angaben und Kenntnisse der Anrufer in den meisten Fällen kein Zweifel bezüglich der beobachteten Arten aufkommen. Einige interessante Meldungen wurden genauer geprüft.

Allein aus Wambach lagen für Äskulapnattern ca. 10 Meldungen vor; zum größten Teil aus dem Bereich des im östlichem Hang gelegenen Wochenendgebietes, zu dem unseres Wissens derzeit ein Bebauungsplan aufgestellt wird. Die meisten derzeit bebauten Grundstücke weisen einen sehr „ordentlichen“ Kurzrasen mit übersichtlicher Randbepflanzung auf.

Vorteile für die Äskulapnatter bieten die fast durchgängig vorhandenen Komposthaufen, weiterhin befinden sich Hangbereiche in den Grundstücken, deren Nutzung kaum möglich ist. Nachteile sind die ständig gemähten Rasenflächen viele der Meldungen bezogen sich auf Äskulapnattern, die durch den Rasenmäher getötet wurden.

Weiterhin stellt die Haustierhaltung, speziell der Katzen, für diese Reptilienart im besagten Bereich ein echtes Problem dar. Anwohnern berichteten von durch Katzen erlegten Äskulapnattern. Aber auch der Mensch greift immer noch aus Angst oder Unwissenheit ein und erschlägt diese harmlosen Schlangen.

Zur Zeit befinden sich dort noch eine Fülle unbebaute und nur sporadisch genutzte Grundstücke mit hohem Biotopwert, die allerdings bei einer Baulückenschließung meist komplett ausfallen. Hier bieten sich mit Sicherheit noch Möglichkeiten, über die Ausgleichsabgabe zumindest „vernetzte Korridore“ zu erhalten, die …

… extensiv genutzt bzw. gepflegt werden,

… mit einfachen und kostengünstigen Biotopelementen, wie Grasschnitt- oder Komposthaufen, Totholz- und Steinhaufen und Ähnlichem versehen werden.

Die Akzeptanz vieler Anwohner bei sporadischem Auftreten der Äskulapnatter – scheint absolut vorhanden. Fast alle Bewohner von Grundstücken, auf denen die Äskulapnatter regelmäßig vorkommt, sind glücklicherweise auch sehr stolz auf diese Tatsache. Gerade seitens der Bürger wurde Kritik und Anregungen geäußert:

So nehme man seitens der Gemeinde Schlangenbad nur wenig Rücksicht auf Artenschutzbelange wie zum Beispiel bei der Pflege des Kurparks.

Bedingt durch die direkte Nähe zum Wald und Talauenbereich und die damit verbundene wesentlich höhere Individuendichte (im Vergleich zum Wiesbadener Kurpark mit Bebauungen rundum) werden bei fast jeder Mähaktion sehr viele Frösche, Kröten, Schlangen und weitere Kleintiere getötet. Uns liegt diesbezüglich ein Schreiben eines Schlangenbader Bürgers von 1996 an die Gemeinde vor, das bis heute unbeantwortet blieb.


Unsere Anregungen

Seitens vieler Gemeinden, insbesondere Schlangenbad, wo diese Artenschutzbelange sehr augenfällig sind, sollte die nicht mehr zeitgemäße und kostenintensive Pflege der Park- und Grünanlagen eingestellt und einer „extensiven“ und alternierenden Mahd der Vorzug gegeben werden (vgl. auch Aussagen HEIMES ZDF-Reportage „Äskulapnatter“).

Ca. 30 % Flächenanteil in Rand- und Mittelbereichen könnten wechselweise ungemäht bleiben, die Schnittfolge verlängert und von innen nach außen gemäht werden um Fluchtmöglichkeiten für alle Tiere offenzuhalten. Der ästhetische Aspekt einer Parkanlage würde bei einer solchen Maßnahme wohl kaum auf der Strecke bleiben, sondern durch seine wesentlich höhere Artenvielfalt deutlich positiver ausfallen. Durch den Bewusstseins- und Wertewandel der letzten Jahre zugunsten der Natur ist unseres Erachtens die Akzeptanz und Toleranz der Kurgäste und Parkbesucher absolut vorhanden.

Positiver hinsichtlich des Arten- und Biotopschutzes könnte auch der forstliche Rahmenplan im Bereich Rheingau-Taunus ausfallen (vgl. Anhang Schreiben an RP). Hier wurden in mehreren, flächenmäßig für die forstliche Nutzung kaum interessanten Bereichen Vorschläge für Aufforstungen eingebracht. Meist handelt es sich um Wiesenflächen und Brachen mit relativ starker Sukzession durch Brombeere, Besenginster, Schwarzdorn usw., die allerdings durch Jagdberechtigte in Teilbereichen gemäht werden. Das Mähgut wird erfreulicherweise auf Haufen geschichtet und auf der Fläche belassen, somit bietet es gute Möglichkeiten des Unterschlupfes und der Eiablage für Reptilien.

In zwei dieser Gebiete im Rheingau wurde unter anderem die Äskulapnatter nachgewiesen, während die anderen zur Aufforstung vorgeschlagenen Gebiete nach HEIMES vor ca. 10 Jahren als potentielle Äskulapnatter-Biotope beurteilt wurden. Unseres Wissens wurde hier eng mit den Forstämtern zusammengearbeitet, um so erstaunlicher ist die Tendenz, den Wald und Weinbau zwischengelagerten Biotopstrukturen keinerlei Beachtung beizumessen. Hierbei ist es unseres Erachtens auch nicht von Belang, dass die Äskulapnatter nicht nachgewiesen wurde – die gesamtökologische Betrachtung kommt insgesamt zu kurz (die jagdliche Bedeutung im Hinblick auf Wildschäden wäre unseres Erachtens schon Argument genug). Unter naturschutzrelevanten Gesichtspunkten würden hier letzte Rückzugsgebiete von Pflanzen- und Tierarten entwertet und auf das Gesamtgebiet gesehen, extrem reduziert.

Dies trifft auch auf die Bereiche Kiedrich und Hallgarten zu (s. Presse-berichte), die seitens der Gemeinden als „Freizeitgrundstücke“ schon ausgewiesen wurden (Hallgarten) bzw. geplant werden sollen (Kiedrich).

Die Fotos im Anhang machen deutlich, wie extrem das vorhandene Artenspektrum zusammenschrumpft, wenn man die Gepflogenheiten der Nutzer betrachtet:

Die Rasenflächen werden in sehr kurzen Abständen (wie auf Kommando) kurz gemäht;

die Grundstücksgrenzen werden in der Regel von Exoten gesäumt;

Biotopelemente sind nicht vorhanden und

selbst außerhalb des Geltungsbereiches auf den gegenüberliegenden Wegseiten werden kleine Wiesenflächen „ordentlich“ und konstant kurzgehalten (KFZ-Abstellplätze?).

Ohne zwingenden Grund fast konstant kurzgehalten wird auch der Bewuchs an Gräsern und Blütenpflanzen auf und am Trinkwasserbehälter Hallgarten. Hier ist aus ökologischer sowie ökonomischer Sicht unseres Erachtens ein Mähen im Juni/Juli absolut ausreichend.


Streiflichter und Kurioses

Bei fast allen Kartierungen stellen Forst- und Wanderwege eine gute Möglichkeit dar, Erhebungen zu komplettieren. Diese ironisch wirkende Aussage ist leider Bestandteil der Ermittlung von Amphibien- und Reptilien-Vorkommen.

Bei Hohenstein wurde eine ausgewachsene, überfahrene Ringelnatter am Straßenrand gefunden.

Bei Georgenborn und Hallgarten wurde jeweils eine Blindschleiche auf einem Wirtschaftsweg überfahren.

Bei Oestrich-Winkel (Nähe Rückhaltebecken) im Weingut Molitor wurde eine Ringelnatter auf dem Wirtschaftsweg überfahren.

Bei Taunusstein, Abfahrt Hahn an der Magistrale flog eine Blindschleiche mit einem Bussard davon (oder umgekehrt).

Bei Frauenstein wurden auf einem Waldweg Blindschleichen und eine Äskulapnatter erschlagen und zerstückelt aufgefunden.

Eine Liste wäre bei systematischer Erfassung wohl etliche Meter lang…

Bei Wiesbaden, Geisenheim, Lorch und Idstein ist die Kreuzotter „eindeutig“ erkannt und uns gemeldet worden. In einigen Bereichen konnte mit Hilfe von Beobachtern bei entsprechendem Ortstermin die Schlingnatter wesentlich eindeutiger bestimmt werden (Taunussteiner Heide, Bodental-Lorch, Quellsumpf bei Kellerskopf). Bei Frauenstein entpuppte sich eine gemeldete Kreuzotter als junge Äskulapnatter mit leichter würfelartiger Zeichnung; die Bestimmung konnte anhand der Kopfschildplatten und Pupille nachgewiesen werden.

Bei Wiesbaden, Bahndamm Waldstraße, kam der Zufall ins Spiel. Eine wahrscheinlich durch Katzen erlegte Blindschleiche lag hier fast vollständig und ausgetrocknet zwischen den Bahngleisen.

In Niederwalluf gab ein Schäferhund im wahrsten Sinne des Wortes „klein bei“, als eine junge Äskulapnatter von ca. 40 cm Länge und einer Dicke von einem Regenwurm mit Drohgebärden dauernd nach dem Hund gerichtet Scheinangriffe ausführte. Der Grundstückseigentümer rief uns an und wir konnten den kleinen Winzling – trotz untypischer Färbung – als Äskulapnatter bestimmen und außerhalb des dicht besiedelten Bereichs wieder aussetzen.

Bei weiteren Überprüfungen der Schotterflächen an den stillgelegten Bahngleisen am besagten Grundstück gegenüber vom Bahnhof Niederwalluf wurde dann halb Walluf über die Bahnhofslautsprecher informiert, dass …

„…dies immer noch Gelände der Bundesbahn ist und die Herren aufgefordert werden, dieses unverzüglich zu verlassen.“ (wir trollten uns schuldbewusst und schämten uns)

eine Kornnatter wird von einer Person locker in den Händen gehalten
Kornnatter – nicht heimisch

Bei Wiesbaden, Bierstadter Warte, wurde durch einen Grundstückseigentümer eine recht bunte Schlange gemeldet, eingefangen und uns zum weiteren Verbleib überlassen. Es handelte sich hier um die sehr häufige Kornnatter (Verbreitungsgebiet Nordamerika), die beim Abzug der US-Soldaten evtl. ausgesetzt wurde. Bei der Beobachtung unseres Pfleglings wurde allerdings beobachtet, dass die Kornnatter, ähnlich der Äskulapnatter, über enorme Kletterfähigkeit verfügt. Dieses nicht einheimische Exemplar kann sich auch ohne weiteres bei Unachtsamkeit in der Terrarienhaltung recht leicht „dünn“ gemacht haben.


Schlussbemerkungen

Im Untersuchungsgebiet existieren mindestens punktuell relativ stabile Reptilien-Populationen der Kategorie „vom Aussterben bedroht“. Dies betrifft die Vorkommen der Mauereidechse und der Äskulapnatter. Doch schon aus „menschlicher“ Sicht gesehene kleine Eingriffe führen gerade bei diesen spezialisierten Arten zu starken Einengungen bis hin zum Verlust des oft ohnehin kleinen Lebensraumes (Aufforstungen, Freizeitgärten, Wochend- und Baugebieten in den Randlagen).

Schwer zu überwindende Barrieren führen mangels Biotopvernetzung (-selementen) sehr schnell zu isolierten Populationen (Hindenburgbrücke bei Rüdesheim, Dyckerhoffbruch bei Wiesbaden). So kann eine derzeit stabile Population hier z. B. durch die schon erwähnten „kleinen Eingriffe“ im Vordergrund von Naturgegebenheiten (schlechte Witterung) und Einflüsse über die Nahrungskette (z. B. Spritzmittel-Einwehungen) sehr schnell an den Rand der Existenz gedrängt werden.

Weiterhin werden selbst die kleinen Eingriffe in der Summierung in keinster Weise durch die Schaffung oder Neuanlage von Biotopelementen ausgeglichen. Beispielsweise ist die gezielte Umwandlung von Brachland und extensiv genutzten Wiesen mit ihren Anteil an „unordentlichen“ Ecken, Gebüschen, Randbereichen aber auch Ruhezonen in Freizeitgärten, Siedlungsbereichen oder Waldzuwachsflächen als insgesamt fatal zu bewerten.

eine Mauereidechse sonnt sich
Mauereidechse

Dies betrifft nicht nur die Auswirkungen auf Reptilien, sondern selbst bei Eingriffen auf nur relativ kleinen Flächen wird – je nach Gesamtstruktur – der Biotopwert eines sehr großen Areals somit drastisch gesenkt. Erschwerend für die meisten Arten kommt noch hinzu, dass selbst bei Planungen, die offensichtliche Arten- und Biotopschutzbelange ausreichend berücksichtigen, der Ordnungssinn der späteren Nutzer meistens weder Raum noch Entwicklungsmöglichkeiten zulässt. Somit fallen vorhandene Biotopstrukturen bezüglich des Biotopwertes sehr häufig auch ersatzlos aus. Einerseits ist ein Ausgleich für bestimmte Arten ohnehin nicht möglich, zum anderen spielt der Zeitfaktor eine große Rolle. Für viele, meist gerade die seltenen Arten, erfüllt der Ausgleich seine Bestimmung zu spät.

Glücklicherweise macht sich ein Wertewandel im Bewusstsein des Bürgers zumindest punktuell bemerkbar. So konnten wir vielen Interessierten und Anrufern konkrete Tipps in Sachen Reptilienschutz geben. Auch konnte z. B. einem Grundstückseigentümer mit Zauneidechsen-Population eine Biotopverbesserungsmaßnahme nähergebracht werden, die bei der Unteren Naturschutzbehörde Wiesbaden als Vorschlag eingereicht wurde. Auch wurden Vorschläge z. B. im Bereich des Möhrhölzchen bei Hallgarten und im NSG Sommerberg (Anlage von Grünschnitt- bzw. Misthaufen in geeigneten Bereichen) durch den Landschaftspflegeverband und das Staatliche Forstamt Chausseehaus problemlos realisiert.

Das für 1998 auserkorene Jahr des Kindes unter dem Motto „Jugend und Natur“, das kreisweit von den Naturschutzverbänden und -vereinen durchgeführt wurde, konnte mit vielen kleinen Aktionen zu noch sehr vielen kleinen Biotopverbesserungsmaßnahmen seinen Beitrag leisten. Ohnehin ist schon der Wettbewerb „Reptilien“ für Kinder und Jugendliche auf ein sehr positives Echo gestoßen, und seitens der lokalen Presse wurden sehr gute Artikel zum Thema veröffentlicht, die sicher unser aller Naturschutzbemühungen auf Interesse und Nachahmung stoßen lassen.

Bemerkenswert ist die mittlerweile häufig beobachte Akzeptanz und Toleranz zumindest gegenüber bestimmten Tierarten, die auch oft ganz bewusst als Sympathieträger eingesetzt werden (sollten).

An dieser Stelle sei ganz allgemein allen, auch sporadisch Mitwirkenden gedankt. Die vielen Erfahrungswerte haben diese Zusammenfassung erst möglich gemacht.