(26.08.2014/abt) Im Blick auf Unwetterkatastrophen ist unsere Stadt weitgehend verschont geblieben.
Sicherlich sind enorme Schäden entstanden, die richtig ins Geld gehen. In anderen Regionen aber haben Menschen ihr Hab und Gut samt Dach über dem Kopf schon komplett verloren und standen vor dem Nichts.
Hinsichtlich des „Absaufens“, also dem Auftreten sehr großer Wassermassen, kann man vereinfacht in Unwetter, Starkregen und Dauerregen unterscheiden.
Gegen richtige Unwetter ist man nie gewappnet. Sie treten einfach auf, hinterlassen Verwüstung und sind so schnell wieder weg wie sie kamen… unkalkulierbar und kaum etwas um dagegen zu setzen.
Stark- und Dauerregen treten dagegen doch wesentlich häufiger auf und sind bezüglich der Auswirkungen, zumindest in den zu erwartenden Folgen, etwas kalkulierbarer und besser in den Griff zu bekommen. Warum baut man sonst Regenrückhaltebecken oder betreibt an größeren Fließgewässern Hochwasserschutz in allen Varianten bis hin zu Poldern?
Die technischen, ausgefeilten und betonintensiven Lösungen haben zum großen Teil ihre Berechtigung, sind aber sehr teuer und dann, je nach Umfeld, doch nicht ausreichend.
Auch dürfte bei vielen Planern allein die technische Machbarkeit und deren Ausführungen im Vordergrund stehen, anstatt sich auch auf einfache (in deren Augen vielleicht mittelalterliche) Methoden und Möglichkeiten zu besinnen oder diese wenigstens in Betracht zu ziehen, soweit man Kenntnis davon hat.
Beispiel: Überschwemmung Taunusstraße Juli 2014
Der Schwarzbach entwässert die Gebiete rund um das Naturschutzgebiet Rabengrund – weitgehend naturnahe Landschaften mit hohem Waldanteil.
Dennoch können die Böden aus verschiedensten Gründen bei Unwettern und Starkregen nicht unbedingt das anfallende Wasser komplett aufnehmen. Ohne die Eigenschaften dieser Landschaften wären allerdings die Auswirkungen noch gravierender, als es der Fall war.
Das obere Nerotal ab Rabengrund stadtwärts ist ein recht tief eingeschnittenes Tal, in dem kaum Ausbreitungsmöglichkeiten in der Fläche beim plötzlichen Auftreten großer Wassermassen bestehen.
Dennoch könnte man sich ehemalige „Eingriffe“ des Menschen zunutze machen, da noch vorhanden.
Vor der Felsengruppe und auch gegenüber des Koch-Denkmals existierten in der Talaue 2 Eisweiher, die aber außer Funktion gesetzt wurden. Die Dämme sind noch vorhanden.
Hier wäre die Möglichkeit gegeben, mit überschaubarem Aufwand zwei Retentionsräume wieder herzustellen, die – polderähnlich – nur ab einer bestimmten Wasserhöhe des Baches geflutet werden. Geschätztes mögliches Volumen bei beiden ehemaligen Teichen bis zu 600 cbm.
Technisch machbar mit relativ wenig Materialeinsatz und einfachen, unauffälligen und durchlässigen Maßnahmen bei „Normalpegel“ im Bach an den entsprechenden Stellen.
Direkt an der Felsengruppe in Draufsicht weit rechts gelegen und anhand der mittig liegenden Abflussvorrichtung noch erkennbar, ein ehemals kleiner Teich, der als Sammler für den auch ehemals vorhandenen kleinen Wasserfall fungierte, der sich über die Felsplatte in den Teich ergoss.
Der Wasserfall bot sich als imposanten Blickfang an und wurde wahrscheinlich in dieser Form in der wilhelminischen Zeit gestaltet.
Ohne nachvollziehbaren Grund und ohne Not wurden die Ableitrohre hinter dem Felsen verschlossen und das hinter der Felsengruppe vorbeifließende und im Normalfall kleine Bächlein direkt in Richtung Schwarzbach geleitet. Bei Regeneration des Teiches als Rückhalteraum könnte ein Fassungsvermögen von 40 cbm relevant sein. (Es ist nicht bekannt, ob Betonsohle oder „nur Gesteinsuntergrund“.)
Des weiteren besteht hinter der Leichtweishöhle in ca. 150 m Entfernung ein Angelteich. Der Vorschlag, den Teich um 25 – 30 cm abzusenken, dürfte bei den Anglern auf wenig Gegenliebe stoßen. Dennoch kann hier im Sinne des Gemeinwohls und zur Gefahrenabwehr eine erste Hochwasserspitze abgebaut werden, soweit entsprechende Zulauf-Steuerungsmaßnahmen vollzogen und das derzeitige Fassungsvermögen beibehalten wird.
Geschätzte Größe des Teichs ca. 2000 qm = Fassungsvermögen für den seltenen Ernstfall: bis zu 450-500 cbm.
Die Möglichkeit, Teiche von der Wasserhöhe minimal um 25-30 cm abzusenken, ergibt sich auch bei fast allen Teichen mit und ohne Nutzung, ohne dass dies für die naturgegebenen Tierarten negative Auswirkungen mit sich bringt.
Bei trockenen und/oder heißen Wetterlagen entsteht sehr oft ohnehin eine relativ starke Schwankung der Wasserlinie, bedingt durch starke Verdunstung oder reduziertem Wasserzufluss.
Vorgelagert dem Teich hinter der Leichtweishöhle befindet sich eine Wiesenfläche, deren ökologische Wertigkeit als nicht sehr hoch einzuschätzen ist. Hier könnten durch Vertiefungsmaßnahmen in der Wiese und entsprechende Ableitungen vom Teich in diese Fläche noch Hochwasservolumen geschaffen werden.
Die starke Geländeeinkerbung direkt hinter der Höhle mit relativ kleinem Abfluss unter der Brücke zur Höhle hat sich ohne menschlichen Einfluss bewährt. Hier wurde das Wasser stark abgebremst, der gesamte Bereich lief voll und wurde recht langsam durch das Rohr abgegeben.
Mit wenig Aufwand lassen sich weitgehend wartungsfreie Sickermulden entlang der Entwässerungsgräben links und rechts der Wirtschaftswege schieben. Seit Jahren wird dies sehr regelmäßig durch die Forstverwaltung vollzogen.
Relevant wären im angesprochenen Bereich die Anlage von Sickermulden z. B.
Leichtweishöhle Richtung Münzbergstollen/Himmelswiese
Bereich Habelsquelle – Köglerweg usw.
Möglichkeiten bei Starkregen oder Unwetter
Angemerkt werden muss, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu überprüfende Möglichkeiten darstellen und nur für Starkregenereignisse bzw. Unwetter relevant sein sollen, d.h. wenn z. B. für Wiesenflächen und andere Landschaftsteile eine Überflutung zugelassen wird, dann nur für diese Ausnahmefälle, zumal dies in früheren Zeiten (Schneeschmelze usw.) absolut naturgegeben und üblich war. Bei vielen Flächen ist dies heute nicht mehr möglich (Stichwort Bachsohlenerosion).
Vgl. auch unsere Beobachtungen der Amphibienkartierung 1996-98, die zwar thematisch einen anderen Ansatz aufweist, dennoch grundsätzliche Aussagen zu dem Zustand verschiedener Bäche und Feuchtgebiete beinhaltet, an denen sich zum Positiven kaum etwas geändert hat:
Amphibienkartierung
Zur Beurteilung der hier angesprochenen Ideen und Möglichkeiten sollten neben Wasserbautechnikern auch Fachleute mit gesamtökologischer Betrachtungsweise herangezogen werden.
Bevorzugt werden sollten aufgrund der großen Bandbreite Gewässerökologen oder Geographen mit langjähriger Erfahrung, die nicht nur auf „moderne“ Verfahrensweisen fixiert sind, sondern auch Kenntnisse zu traditionellen und bewährten Methoden, sowie gute Ortskenntnis aufweisen können.
Wir würden diesbezüglich das Büro Hilgendorf empfehlen, das Ihnen ja bekannt ist.
Wiesbaden, 20.07.2014, i.A. Richard Abt